Es endete immer gleich. Die Düsternis zog ihn tiefer und tiefer in den bodenlosen Brunnen hinab. Er wusste, sein Atem reichte nur noch für wenige Augenblicke. Wenn er den Mund öffnete und das kalte Wasser einsöge, wäre es vorbei. Und dann – würde er erwachen.
Inyaru ist ein Hirtenjunge, der ein einfaches, hartes Leben führt, an der Seite seines verbitterten Bruders und seines versoffenen Onkels. Des Nachts plagen ihn Albträume, seit er seine Eltern verlor. Doch einer dieser Träume endet eines Nachts anders als gewohnt: Inyaru trifft auf Kōyako, eine Dämonin, die in einem Käfig aus Schriftzeichen eingesperrt ist.
»Die Menschen haben viele Namen für uns. Für sie sind wir Geister, Dämonen, Ungeheuer oder gar die Götter, die sie anbeten. Aber wir alle sind Yōkai, vom kleinsten Schattengeschöpf in den Rissen am Erdboden bis hinauf zu Amu, der Sonnengöttin Amaterasu, die eure und meine Welt erhellt. Ich bin eine Yōkai!«
Um ihre Einsamkeit zu lindern, erzählt Inyaru Kōyako Märchen und Sagen. Als sie sich in seinen Träumen stets wiedertreffen, verliebt sich der junge Hirte in die Dämonin und beginnt zu hoffen, sie könne mehr als nur eine Traumgestalt sein.
Etwas in ihren Augen sagte ihm, dass sie wusste, was Warten bedeutete, viel mehr als irgendein Sterblicher. Wie lange war sie bloß schon in diesem Käfig gefangen?
»Kōyako?«, sagte er und schwieg, bis sie ihn anblickte mit ihren frühlingsgrünen Augen.
»Ich werde dich finden!«
Inyaru verlässt seine Heimat und macht sich auf eine ungewisse Suche in der Fremde. Doch damit gerät der junge Hirte in einen uralten Kampf zwischen undurchschaubaren Göttern, rachsüchtigen Menschen und grausamen Dämonen, mit nichts bewaffnet als einer ungesunden Portion Entschlossenheit.